Belegarbeit im Fach Musik
1. Vorwort
2. Hintergründe der Romantik
2.2 Historische Hintergründe der Romantik
2.3 Die Beeinflussung der Schaffenden
3. Die Romantische Musik
3.1 Die Romantische Musik allgemein
3.2 Themen und Stoffe der Romantischen Musik
3.3 Die Idee des Nationalen - Nationale Schulen
4. Leben und Schaffen Frédéric Chopins
4.4 Die Warschauer Zeit (1810-1830)
4.5 Die ersten Jahre in Paris (1831-1838)
4.6 Das Leben mit George Sand (1838-1847)
4.7 Die letzten Jahre (1848-1849)
4.8 Bedeutung Chopins für die Musikgeschichte
5. Epilog
6. Anhang
7. Literaturverzeichnis
Die Romantik war eine geistige und künstlerische
Strömung in Europa um 1800 (etwa 1795-1830). Das Zentrum der Romantik lag in
Deutschland.
Die Romantiker lehnten die Nüchternheit und Überbewertung des Verstandes ab
und betonten das Gefühl und die Phantasie in ihren Werken. Sie wandten sich
verstärkt der eigenen Geschichte, besonders dem Mittelalter, welches als ideale
Epoche der Einheit von Leben und christlichem Glauben dargestellt wurde, zu.
Die Romantik erfaßte und beeinflußte alle Gebiete des geistigen Lebens und der
Kunst im Europa des 19. Jahrhunderts.
Frédéric Chopin zählt zu den Vertretern der Romantik, doch wird ihm in der
Gesamtbetrachtung der Romantik oftmals wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht. Er
gilt als größter polnischer Komponist und Pianist. Seine sensiblen und
leidenschaftlichen Klavierwerke wurzelten in der polnischen Volksmusik.
Mit dieser Belegarbeit möchte ich einen Einblick in die musikalische Romantik
und das Leben eines sensiblen und genialen Musikers geben und das Interesse an
seiner Musik wecken.
2.1 Historische Hintergründe in Europa im 19. Jahrhundert
Die Romantik wurde durch viele Umbrüche in der
sozialen, wirtschaftlichen und politischen Situation in ganz Europa geprägt.
Besonderen Einfluß auf die, der Klassik folgenden, Romantik hatte die Zeit der
Aufklärung und der daraus resultierenden Französischen Revolution (1789-1795),
die nachfolgende instabile politische Situation in Europa und letztlich die
Befreiungskriege gegen Napoleon.
Durch den Wiener Kongreß (1815) wurde die europäische Restaurationszeit
eingeleitet.
Auch die Industrielle Revolution in England und später in ganz Europa wirkte
mit ihren bedeutenden Erfindungen (1769 Dampfmaschine, 1787 mechanischer
Webstuhl) auf das Leben und Denken der Epoche ein, besonders durch die rasante
Entwicklung und die damit einhergehende Umgestaltung aller Lebensbereiche.
2.2 Die Beeinflussung der Schaffenden
Die Romantik wird oftmals weniger mit dem Repräsentieren
von Stilen oder einer besonderen Richtung gleichgestellt, sondern eher als
Ideologie mit einem besonderen Augenmerk auf die Freiheit der Aussage gesehen. Während
die Klassik herrschende und festgelegte Ordnungen widerspiegelte, beriefen sich
die Romantiker auf die inneren Erlebnisse des Menschen, sie gilt als aufrührerisch
und stürmisch. Dies begründete sich auf dem Erleben der militärischen,
gesellschaftlichen und sozialen Unruhen, die Romantiker waren die Kinder der
Aufklärung und der Französischen Revolution. Sie wandten sich jedoch gegen den
Rationalismus der Aufklärung, dies führte oft in den Grenzbereich zum Okkulten
und Transzendentalen. Die Umdeutung des Endlichen ins Unendliche und des Gewöhnlichen
ins Ungewöhnliche gab der romantischen Philosophie paradoxe und fragmentarische
Züge.
Durch die Besinnung auf die eigene Geschichte traten die Volksdichtung und die
Volksmusik in den Vordergrund.
Die explosionshaftige Entwicklung neuer Technologien verursachte die Hinwendung
zum Ursprünglichen und Natürlichen, die Gefühlskultur der Empfindsamkeit
wirkte dabei vorbereitend.
3.1 Die Romantische Musik allgemein
Ebenfalls in der Musik stellt die Romantik eine
Stilepoche dar, die sich jedoch etwa 30 Jahre später als in der Literatur und
der bildenden Kunst und von beiden stark beeinflusst im zweiten Jahrzehnt des
19. Jahrhunderts herausbildete und bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts
nachwirkte. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts führte Beethoven die Klassik zu
ihrem Höhepunkt, Schubert begann dagegen romantische Ausdrucksmittel mit
klassischen Gestaltungsprinzipien zu verbinden. Ihre reinste Ausprägung erfuhr
die Romantik aber erst ab etwa 1830 mit den Liedern und Instrumentalwerken
Robert Schumanns und den Opern Richard Wagners.
Für die romantischen Dichter (z.B. Wackenroder, Tieck, Novalis und E.T.A
Hoffmann) war die Musik von zentraler Bedeutung. Der Begriff ,,Romantik"
wurde von Novalis als Abgrenzung zur Klassik geschaffen. Darüber hinaus
verbindet man mit dem Kunstschaffen der gesamten Epoche sowohl das Natürliche
als auch das Wunderbare und Märchenhafte. Einen besonderen Stellenwert hatte
die exzentrische, jeglicher Ordnung sich verweigernde Künstlerfigur. Schließlich
war es eines der zentralen Anliegen der romantischen Künstler, volkstümliche
Formen wie das Volkslied, das Märchen und den Schauerroman sowie die so
genannten niederen Gattungen wie das Singspiel und die Opera comique als
angesehene Kunstgattungen durchzusetzen.
In der Romantik kam der bürgerliche Konzertbetrieb auf, der allen Hörern die
Musik aller Epochen zugänglich machte. Durch die Ansprüche des breiteren
Publikums entwickelten sich neue Formen eingängiger Kompositionstechniken, die
Salonmusik und das Virtuosentum wurden vorherrschend. Die hohe (,,ernste")
Musik trennte sich langsam von der trivialen (,,Unterhaltungs"-) Musik.
Die von der Musik dieser Epoche abgeleitete Bezeichnung ,,romantisch" meint
allgemein den gefühlsbetonten, stimmungsvollen Charakter einer Musik. Zeitlich lässt
sich die Epoche der romantischen Musik in vier Großabschnitte einteilen: Früh-,
Hoch-, Spät- und Nachromantik. Die Frühromantik (1820-1830) war besonders
durch die verklärte Darstellung des Mittelalters, die Gegenüberstellung einer
idealen Geisterwelt mit der realen Menschenwelt und die Neigung zu Pessimismus,
Todessehnsucht und Weltflucht gekennzeichnet. Aber man besann sich auch auf die
nationalen Errungenschaften vergangener Zeiten, besonders auf die Volkslieder,
und erlebte ein intensiveres Natur- und Gefühlserlebnis. Wichtigste Repräsentanten
der Frühromantik waren E.T.A Hoffmann, C.M von Weber und Schubert.
Die Züge der Frühromantik wirkten ebenfalls auf die Musik nach 1830, jedoch
waren für die Hochromantik (1830-1870/80) neue liberale, demokratische und
soziale Ideen in Verbindung mit den nationalen Problemen der verschiedenen Völker
bestimmend. Vertreter der Hochromantik waren u.a. Mendelssohn, Schumann, Chopin,
Smetana und Berlioz.
Die Spätromantik (1870/80) spiegelt die Auseinandersetzung mit den wachsenden
Widersprüchen der imperialistischen Ordnung wider. Zu den Spätromantikern zählen
Mahler, R. Strauss und Pfitzner.
Die sogenannte Nachromantik wirkte bis etwa 1910, dem Umbruch zur Neuen Musik.
3.2 Themen und Stoffe der Romantischen Musik
Ebenso wie in anderen Kunstdisziplinen stellte
die Musik der Romantik eine Reaktion auf die rationalen und ordnungsbestimmten
Ideale der Aufklärung dar: Nach dem Universalitätsanspruch des Zeitalters der
Vernunft wurde die Romantik zur Epoche des Individualismus, das unmittelbare
Erleben des Einzelnen in der Gegenwart wurde zum zentralen künstlerischen
Gedanken.
Im Anschluß an die Französische Revolution traten in der französischen Oper
an die Stelle barocker Themen und Stoffe, die üblicherweise aus der Antike
stammten und die Hierarchie der Götter, Herrscher und Untertanen betonten,
nunmehr Themen aus der unmittelbaren Gegenwart. Das neue Genre der
Revolutionsoper war geboren. Das Besondere an diesem Genre war, daß Probleme
und Mißstände nicht durch den ,,Deus ex machina" (,,Gott aus der
Maschine", unerwartete, glückliche Lösung) der Barockoper beseitigt
wurden, der in letzter Minute erlösend vom Schnürboden herabgelassen wurde,
sondern durch die Aktivität eines Helden.
Das Wichtigste Beispiel für die Revolutionsoper war Ludwig van Beethovens Oper
,,Fidelio" (1. Fassung 1805, 2. Fassung 1806, 3. Fassung 1814). Die
Bedeutung, die dem alle Schwierigkeiten überwindenden Individuums in der
Romantik zugemessen wird, wird auch in seiner sinfonischen Musik deutlich:
Beethovens 3. Sinfonie (1803) ist mit ,,Sinfonia Eroica" (Heldensymphonie)
überschrieben.
Die für die Romantik bezeichnende Betonung der Natur fand auch in der Musik von
Anfang an lebhaften Ausdruck. Viele Revolutionsopern beinhalten Stürme,
Lawinen, Feuersbrünste, Schiffsunglücke und andere Katastrophen, die
aufzeigen, wie sehr die menschengemachte Ordnung von den irrationalen Naturkräften
abhängig ist.
Die Oper nimmt zudem Stoffe aus der Sagen- und Märchenwelt auf und löst sich
formal von der Nummernoper und den festen Gattungstypen des 18. Jahrhunderts.
Einer der anregendsten romantischen Mythen ist die Geschichte der Undine (oder
der slawischen Rusalka), einer Nymphe, die versucht einen Menschen zu heiraten,
aber in ihr Element zurückkehren muß. In diesem Mythos wird der Versuch
deutlich, den Graben zwischen Natur und Verstand zu schließen, der in der Aufklärung
aufgerissen wurde. E.T.A Hoffmann (als Dichter und Komponist der romantische Künstler
par excellence) schrieb über diesen Stoff 1816 eine Oper.
Die Macht des Unwirklichen, Zwischenweltlichen und Irrationalen wurde auch in
Carl Maria von Webers Oper ,,Der Freischütz" (1821) dargestellt.
Die romantische Oper fand im durchkomponierten Musikdrama Wagners ihre
Vollendung, auch in ihrer Forderung nach Vereinigung aller Künste.
Der Bezug zur Natur steht schließlich auch im deutschen Kunstlied im
Vordergrund. Der bedeutendste Liedkomponist war Franz Schubert. Sein
Liederzyklus ,,Die schöne Müllerin" (1823), der von der unglücklichen
Liebe eines Müllersohnes erzählt, zeigt sowohl die enge thematische Verbindung
von Gefühls- und Naturwelt als auch die Neigung zur lautmalerischen und
psychologisierenden Ausdeutung von Erlebnissen im instrumentalen Bereich: Die
Nachahmung der Naturszenerie (Bach) durch das Klavier geht über bloße
naturalistische Geräuschimitation weit hinaus und spiegelt die wechselnden
Stimmungen und Erlebnisse des jungen Mannes wieder.
Mit Webers Oper ,,Der Freischütz", den Liedern Schuberts und vor allem
dessen beiden letzten Sinfonien h-Moll (1822) und C-Dur (1828) ist der Übergang
in der deutschen Musikgeschichte vom Sturm und Drang zur musikalischen
Hochromantik deutlich markiert. Ihren Höhepunkt hatte sie in den Liedern und
der Instrumentalmusik Robert Schumanns. In dieser Epoche des Natürlichen und
Phantastischen, des Fremden und Symbolischen rückte die Figur des exzentrischen
Künstlers mehr und mehr in den Vordergrund. Die bekanntesten und
erfolgreichsten Musiker dieser Zeit, die als Epoche der großen Virtuosen
betrachtet werden kann, waren Nicolň Paganini und Franz Liszt. Frédéric
Chopin repräsentiert dagegen mit seinem weniger auf Effekt abzielenden
Klavierwerk einen lyrischen Gegenpart zum auftrumpfenden Gestus Lisztscher Prägung.
Angeregt durch die Literatur begann auch in der romantischen Musik die Rückbesinnung
auf die musikalische Vergangenheit, frühere Epochen wurden neu entdeckt und
geben Anregungen für eigene Kompositionen. Auch andere Themen, wie das
Nachtmotiv, das Motiv der Todessehnsucht und die Sehnsuchts- und Abschiedsmotive
wurden aus der Literatur genommen.
3.3 Die Idee des Nationalen - Nationale Schulen
Die Romantik war nicht nur durch eine Stärkung
der persönlichen Identität, sondern auch durch ein verstärktes nationales Selbstbewusstsein
geprägt. Einerseits gelang es zwar Klavierkomponisten wie Liszt und Chopin, mit
ungarischen und polnischen Tänzen den volkstümlichen Charakter ihrer Musik zu
vermitteln, andererseits verlieh doch die Oper dem Nationalbewußtsein auf künstlerischem
Gebiet am deutlichsten Ausdruck. Dies geschah sowohl durch die Verwendung der
nationalen Sprache und der eigenen Volksmusik als auch durch mythologische und
historische Stoffe sowie durch Legenden. Darüber hinaus löste sich die
romantische Oper von der Nummernoper und den festen Gestaltungstypen des 18.
Jahrhunderts und gab der Beschreibung und Kommentierung psychologischer Momente
Raum.
In Deutschland wurde ,,Der Freischütz" als erste große Nationaloper
gefeiert, in Rußland waren vor allem zwei Werke von Michail Glinka erfolgreich:
die Geschichtsoper ,,Ein Leben für den Zaren" (1836) und die Märchenoper
,,Ruslan und Ljudmila" (1842). Diese Werke waren für die russische Oper
bis zum Jahrhundertende stilprägend, auch durch die Übernahme der russischen
Sprachmelodie und die Anleihen aus der russischen Volksmusik. Weitere Beispiele
waren die Oper ,,Halka" (1847) des polnischen Komponisten Stanislaw
Moniusko und die Oper ,,Die verkaufte Braut" (1866) des Tschechen Bedrich
Smetana.
In Italien und Frankreich, wo es bereits eine lange Operntradition gab,
verdankte die nationale Oper der romantischen Bewegung zwar entscheidende
Impulse, sie ist allerdings nicht eindeutig der romantischen Operntradition
zuzuordnen. Dies betrifft vor allem Komponisten wie Giocchino Rossini, Vincenzo
Bellini und Gaetano Donizetti sowie zum Teil auch Giacomo Meyerbeer, Charles
Gounod und Georges Bizet. Die italienische Nationaloper wurde bald mit dem Kampf
um staatliche Unabhängigkeit in Verbindung gebracht, und das ,,Risorgimento"
betrachtete Giuseppe Verdi als führenden italienischen Komponisten. Sein
umfangreiches Opernschaffen ist äußerst vielfältig, vom kämpferischen Frühwerk,
das vom Publikum im Sinn politischer Manifeste verstanden wurde, bis zu den späten
psychologisierenden Meisterwerken ,,Otello" (1887) und ,,Falstaff"
(1893).
In Frankreich, wo die Revolutionsoper zunächst als die eigentliche romantische
Kunstform gegolten hatte, wandte man sich mit Anbruch der Restauration nach dem
Sturz Napoleons der großen Oper als einer Form zu, die dem neuen, reichen Bürgertum
entsprach. Die wichtigsten Komponisten an der Opéra in Paris, dem bedeutendsten
Opernhaus Europas in der Romantik, waren Daniel Auber (,,Die Stumme von Portici",
1828), Gioacchino Rossini (,,Wilhelm Tell", 1829), Fromental Halévy (,,La
Juive", 1835) und Giacomo Meyerbeer (,,Les Huguenots", 1836).
Allen diesen unterschiedlichen Operntraditionen war eine gestiegene Bedeutung
des Orchesters gemein. Mit der Betonung des Individuellen und Stimmungsvollen
wurde die Klangfarbe zu einem bedeutenden Bestandteil musikalischen Ausdrucks
und die Komponisten setzten die klanglichen Möglichkeiten des Orchesters zur
Unterstützung psychologischer Momente ein.
4.1 Die Warschauer Zeit (1810-1830)
Fryderyk Franciszek Chopin wurde am 1. März 1810
(laut Taufbuch bereits am 22. Februar) in Zelazowa Wola bei Warschau geboren.
Sein Vater Mikolaj (Nicolas) Chopin, ein gebürtiger Franzose, ist schon als
junger Mann nach Polen gegangen und unterrichtete in den aristokratischen
Kreisen Warschaus, später am Lyzeum in Warschau (ab September 1810) und schließlich
auch an der Militärakademie Französisch.
Seine Mutter, die Polin Justyna Chopinowa, geborene Krzyzanowska, spielte viel
Klavier und der junge Chopin wiederholte gehörte Stücke oder improvisierte
selbst neue Melodien. Mit 6 Jahren erhielt Frédéric den ersten professionellen
Klavierunterricht beim böhmischen Musiker Adalbert Zywny, der ihn vor allem für
Bach, Haydn, Mozart und Beethoven begeisterte. Die ersten Kompositionen Chopins
schrieb der Lehrer für ihn nieder. Im November 1817 wurde die ,,Polonaise in
g-Moll" als erste gedruckte Komposition veröffentlicht und schon mit 8
Jahren trat er als Pianosolist auf, bald wurde der junge Pianist und Komponist
als Wunderkind gefeiert.
Die Sommerferien verbrachte Chopin aus Gesundheitsgründen meistens auf dem
Land, im Bauerndorf Szafarnia, wo er die polnische Volksmusik kennenlernte. Der
zarte, schwächliche Junge kränkelte sein ganzes Leben, hatte immer wieder
Probleme mit den Bronchien, doch alle Versuche, kräftiger zu werden
scheiterten. Die physische Rücksichtnahme blieb jedoch nicht ohne Folgen für
die Psyche, Chopin gelang es nicht eine Widerstandskraft gegen das harte Leben
zu bilden.
Zwischen 1823 und 1826 besuchte er das Lyzeum, wo er Kompositionsunterricht
erhielt. Sein dortiger Lehrer, der Schlesier Joseph Xaver Elsner, Direktor des
Konservatoriums, führte ihn in die Grundlagen der kompositorischen Technik und
die Hauptprobleme der künstlerischen Form ein. Doch Chopin zeigte kaum
Interesse an den klassischen Formen und Orchestrierungen, die er dort lernen
sollte und wandte sich schnell fast ausschließlich der Klaviermusik zu. Elsner
war daher bestrebt, Chopin mit allen Formen, die mit der Klaviermusik verbunden
waren, bekannt zu machen und führte ihn zur Beherrschung größerer Formen,
auch auf dem Gebiet der Orchestermusik. Als Chopin noch unter dem Einfluß
Elsners stand, wiesen seine Kompositionen deutliche Spuren der Klassik auf,
jedoch handelte es sich nicht um reine klassische Werke. Chopin mischte sie mit
dem damals beliebten Stile brillante.
Im September 1826 begann Chopin das Studium am Warschauer Konservatorium, das er
am 20. Juli 1829 abschloß.
Seine frühen Klavierwerke waren geprägt durch den Charakter von Mazurken und
Polonaisen, mit denen Chopin aufwuchs und die seine polnische Herkunft
verdeutlichen. Bis zu seinem Tod arbeitete er immer wieder an diesen Miniaturen,
denn Chopin war kein Mann der großen Formen.
Schon als Student versäumte er kaum eine Konzert- oder Opernaufführung, obwohl
er wußte, daß die Leitung der Warschauer Oper sehr zu wünschen übrig ließ.
Nach einer kurzen Reise nach Berlin (1828) kam er 1829 nach Wien, wo er unter
anderem die Drucklegung einiger seiner Werke beaufsichtigte. Schon nach zwei
Auftritten, bei denen besonders seine Improvisationskunst deutlich wurde, wurde
Chopin in Wien stürmisch gefeiert und kehrte, mit dem festen Vorsatz, wieder
ins Ausland zu gehen, heim.
Daher verließ er 1830, während der polnischen Revolution, sein Heimatland und
kam ein zweites mal nach Wien. Doch der große Erfolg des ersten Besuchs
wiederholte sich nicht. Also verbrachte er die Zeit mit Konzert- und
Opernbesuchen und Komponieren. Er lernte die Walzer von Strauß und Lanner
kennen, doch begnügte er sich nicht damit, diese zu imitieren, sondern er schuf
eine neue, zartere und poetischere Form des Walzers.
4.2 Die ersten Jahre in Paris (1831-1838)
Nach acht Monaten verließ er Wien, es zog ihn
nach Paris. Auf dem Weg dorthin, in Stuttgart, erreichte ihn die schreckliche
Nachricht von der blutigen Niederschlagung des polnischen Aufstandes gegen die
russische Besatzungsmacht, der am 29. November 1830 begann. Unter diesem
Eindruck entstand die ,,Revolutionsetüde", bei der er seine Emotionen auf
dem Klavier darlegte, als ob er damit doch noch den Sieg für sein Volk
erzwingen könnte.
Im September 1831 traf er in Paris ein, das als Zufluchtsort für politische Flüchtlinge
und Mekka für Künstler aus ganz Europa galt. Kein Pianist von Rang konnte sich
zu dieser Zeit erlauben nicht einmal nach Paris zu kommen, Chopin staunte und
spottet: ,,Ich weiß wirklich nicht, ob es irgendwo mehr Pianisten gibt als in
Paris- ich weiß nicht, ob es irgendwo mehr Esel und mehr Virtuosen gibt als
hier.". Sofort schloß er enge Freundschaften mit Liszt, Mendelssohn und
vielen anderen namhaften Musikern und Literaten seiner Zeit, durch die er Zugang
zu den aristokratischen Salons fand. Doch obwohl seine Konzerte von Publikum und
Kritik gleichermaßen begeistert aufgenommen wurden, mußte er sich seinen
Lebensunterhalt zunächst durch Klavierstunden für polnische Emigranten
verdienen.
Doch mit einem seiner wenigen Konzert (im Verlauf seines Lebens waren es nur
etwa 50 öffentliche Konzerte) bei einer Abendgesellschaft der Rothschilds
gelang ihm der große Durchbruch. Die Baronin Rothschild meldete sich als Schülerin
und viele Mitglieder der Gesellschaft folgten ihrem Beispiel. Von da an trat
Chopin in den feinsten Pariser Salons auf. Dies machte ihn zwar unabhängig von
öffentlichen Konzerten und Reisen, zwang ihn aber zu einem aufwendigerem
Lebensstil.
1835 fand die letzte Begegnung mit seinen Eltern in Karlsbad statt, die dort auf
Kur waren. Auf der Heimreise verliebte er sich in Dresden in Maria Wodzinska,
die Tochter einer polnischen Adelsfamilie. Ihre Eltern lehnten jedoch seinen
Heiratsantrag ab (Juli 1837) und die Romanze war bald vorüber.
Auf der Rückkehr nach Paris traf er in Leipzig Mendelssohn wieder und lernte
Robert Schumann und die 15-jährige Clara Wieck kennen, die im Gegensatz zu ihm
bei ihrem Vater um ihre Liebe gekämpft hatten.
4.3 Das Leben mit George Sand (1838-1847)
Im Oktober 1836 begegnete Chopin zum ersten Mal
George Sand (eigentlich Baronin Aurore Dudevant), eine Zigarre rauchende, Männerkleidung
tragende Schriftstellerin. Er war nicht sehr von ihr angetan, sie aber verliebte
sich sofort in das junge Genie. Ihre Einladung, den Sommer mit ihr und einigen
Freunden auf ihrem Landgut in Nohant (Mittelfrankreich) zu verbringen, lehnte er
ab. Erst im Sommer 1838 gab er ihrem Drängen nach und verbrachte einige Zeit
mit ihr und ihren beiden Kindern in Nohant.
Im Winter unternahmen sie eine Reise nach Mallorca, die den schlechten
Gesundheitszustand von Georges Sohn Maurice bessern sollte. Die anfängliche
Begeisterung dauerte nicht lange an, denn Anfang Dezember erkrankte Chopin
erneut schwer. Als die Vermieter von seiner Lungenerkrankung erfuhren, wurde die
Wohnung gekündigt, das Paar zog in das Kloster Valdemossa. Obwohl Chopin nach
Palma kam, um zu komponieren, wurde der Aufenthalt durch die feindseligen
Inselbewohner und das feuchte, windige Winterwetter für Chopin zur Qual. Die
Inselbewohner wußten nicht, wie sie mit den Fremden, einem Paar mit hohen Ansprüchen,
das unverheiratet war, aber mit Kindern anreiste, umgehen sollten. Vor allem
fehlte Chopin ein Klavier. Als nach einer gewissen Zeit endlich ein passendes
Piano von Pleyel eintraf, begann er trotz seiner schweren Erkrankung die Arbeit
an den angefangenen Präludien, zwei Polonaisen und dem dritten Scherzo. Seine
Vierundzwanzig Préludes, an denen er seit 1838 arbeitete, sind Tondichtungen für
Klavier, in denen die einzelnen Miniaturen eine geschlossene Empfindungswelt
darstellen und untereinander im Kontrast stehen.
Die Sommer der folgenden Jahre verbrachte er mit George Sand in Nohant, das
restliche Jahr lebten sie in getrennten Wohnungen in Paris. In dieser Zeit gab
Chopin nur wenige öffentliche Konzerte und trat eher in den vornehmen Salons
der Stadt auf. Dies war eine überaus fruchtbare Zeit für ihn als Komponist, er
beendete die auf Mallorca begonnen Kompositionen und schrieb auch neue. So auch
seine zweite Sonate (b-Moll-Sonate op. 35), bei der der Mittelteil, der
Trauermarsch, der Ausgangspunkt war.
Obwohl er jede Anstrengung vermied, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand
zusehends. Dazu trug auch das allmähliche Auseinanderbrechen der Beziehung mit
George Sand bei. Diese hatte schon einige Zeit zuvor einen Schlüsselroman über
ihr Verhältnis mit Chopin veröffentlicht (,,Lucrezia Floriani"), in dem
er nicht besonders gut wegkommt. Schließlich mischte sich Chopin auch noch in
ihre Familienangelegenheiten ein und ergriff die Partei ihrer Tochter, was im
August 1847 zum endgültigen Bruch führte.
4.4 Die letzten Jahre (1848-1849)
Der Bruch mit George Sand und das Verlassen von
Nohant, wo er ungestört und kostengünstig monatelang hatte leben können,
belasteten nicht nur seinen schöpferischen Tatendrang, sondern auch sein
Budget. Daher war Chopin gezwungen erneut auftreten, am 16. Februar 1848
versammelte er nach 6 Jahren das Pariser Publikum zu seinem letzten öffentlichen
Auftritt in Paris.
Nach der Trennung von George Sand war Jane Wilhemina Stirling, eine ehemalige
Schülerin und Bewunderin des schwerkranken Chopin, seine größte Stütze. 1848
überredete sie ihn zu einer Englandtournée, er verließ am 20. April
schwerkrank Paris. Er gab Konzerte in London, Edinburgh, Manchester und Glasgow.
Die Ansprüche an die Musik waren für Chopin jedoch ungewohnt, man verlangte
von der Musik Zerstreuung und Vergnügen, Kunstverstand und Engagement durfte
man nicht erwarten. Auch sein Unterricht wurde entweder kaum oder gar nicht
bezahlt, es galt als chic sich als Chopin- Schüler auszugeben, doch galten die
Lektionen als zu teuer. Das kühle, nebelige Wetter zwang ihn schon bald zur
Heimreise und so kehrte er am 24. November nach Paris zurück. Die Tuberkulose
war in ihr Endstadium, die Schwindsucht, eingetreten und selbst der größte
Optimist konnte nicht mehr an eine Genesung glauben.
Als im Sommer 1849 der völlige Zusammenbruch folgte, brachten ihn Freunde auf
seinen Wunsch nach Chaillot, außerhalb von Paris.
Seine ältere Schwester Luduwika traf noch rechtzeitig in Frankreich ein, bevor
er am 17. Oktober in Paris an Lungentuberkulose starb. Es heißt, die letzten
Worte Chopins galten seiner Mutter. Sein Leben war stets von seiner Sehnsucht
nach seiner polnischen Heimat geprägt.
Sein Körper wurde am 30. Oktober auf dem Pariser Friedhof Pčre Lachaise
beigesetzt, etwa 3000 Menschen nahmen unter den Klängen des
,,Trauermarsches" aus der b-Moll-Sonate (1839) Abschied. Sein Herz wurde in
einer Urne nach Polen gebracht und in der Heilig-Geistkirche in Warschau
aufbewahrt.
4.5 Bedeutung Chopins für die Musikgeschichte
,,Das Klavier ist mein zweites Ich"
Dieser Satz ist bezeichnend für Chopin und spiegelt sich auch in seinem
Schaffen wider, da er fast ausschließlich für Klavier geschrieben hat.
Im frühen 19. Jahrhundert erlebte die Klaviermusik einen enormen Aufschwung,
bei dem vor allem Chopin und Liszt große Veränderungen bewirkten. Zu Chopins
Zeiten galten seine ,,Etüden op. 10", wie viele Werke Liszts, noch als
unspielbar. Doch obwohl bei Chopin der Hang zum Virtuosen oft spürbar ist,
stand die Virtuosität bei ihm immer im Dienste der Poesie, sie ist musikalisch
immer gerechtfertigt. Chopins romantisch- poetische Klavierkunst beeinflusste
die Klaviermusik bis ins 20. Jahrhundert.
Chopins Stil war etwas Neuartiges, unmittelbare Vorbilder gibt es keine. Doch
man spürt den Einfluss von Paganini, Liszt (Etüden) und dem Bel Canto
in den Opern von Rossini und Bellini (Nocturnes).
Am markantesten fällt jedoch der Einfluss polnischer Volksmusik aus (Polonaisen,
Mazurken), was bei Chopin weniger als Heimweh zu verstehen ist, als vielmehr
ein Zeichen für die Aufrechterhaltung des Kontakts mit der Heimat. Seine, durch
seine Herkunft geprägten Kompositionen, zeigen eine gekonnte Verbindung von
Intellektualität und gefühlsbetonter Ausdruckskraft. Das virtuose Element
dient einer verfeinerten Klangsinnlichkeit und einer Rhythmik, die neue Bereiche
aufschließt und häufig ihren Ursprung in der polnischen Volksmusik hat. Durch
die Mannigfaltigkeit harmonischer Klangfarben wurden durch Chopin vorher nicht
gekannte Modulationen und abrupte Stimmungswechsel ermöglicht.
Frédéric Chopin legte nie großen Wert auf den
ihm entgegengebrachten Ruhm und doch nimmt er eine tragende Rolle in der
Entwicklung der Musikgeschichte ein, besonders im Bereich der Klaviermusik.
Trotzdem steht er oftmals im Schatten anderer großer Romantiker, wie Liszt und
Schumann. In seinen Werken treten die Motive der Romantik, besonders das Nacht-
und das Abschieds- bzw. Sehnsuchtsmotiv, auf, doch Chopin stand der Klassik näher
als der Romantik, er verlor das Interesse an den komponierenden Zeitgenossen und
zog sich immer mehr zurück.
Seine polnische Abstammung und die nationale Musik prägten seine Kompositionen
bis zum Lebensende, nie vergaß oder verleugnete er seine Herkunft. Doch die
französische Besatzung hätte sein musikalisches Schaffen behindert, von daher
war es ihm nicht möglich in sein Heimatland zurück zukehren.
Das Arbeiten an dieser Belegarbeit hat es mir ermöglicht, die Hintergründe der
Musik Chopins zu verstehen und mich somit noch mehr in seine Musik
hineinversetzen zu können. In meinen Augen ist Frédéric Chopin der
romantische Musiker und Komponist schlechthin, er hat es trotz seiner physischen
Schwäche geschafft, schon zu Lebzeiten großen Ruhm zu erlangen.
Sicherlich begründet sich das schnelle Vergessen auf die Unscheinbarkeit des
Musikers und seine zurückgezogene Lebensweise, doch seine Musik ist vielen
Menschen bekannt, besonders der Trauermarsch ist für viele ein Begriff, aber
die Person hinter der Musik ist leider vielen fremd. Mein Beweggrund, gerade
dieses Thema zu wählen, war das Interesse an dem Menschen Frédéric Chopin.
1. ,,Chopin und seine Heimat"
Józef Kański
Interpress
1981
2. ,,Die große Bertelsmann Lexikothek- Spektrum der Kultur in Wort, Bild und Ton" Band 1
Bertelsmann Lexikothek Verlag GmbH
Gütersloh, 1997
3. ,,Die Romantik in der Musik"
Alfred Einstein
Berglandverlag Wien
Wien, 1950
4. ,,Frédéric Chopin"
Jürgen Lotz
Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH
Reinbek bei Hamburg, 1995
5. ,,Fryderyk Chopin"
Józef M. Chomiński
VEB Deutscher Verlag für Musik
Leipzig, 1980
6. ,,Lexicodisc 3.2"
Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH
Gütersloh, München, 1997
7. ,,P.M. History" 4/2000
Gruner+Jahr AG & CO
© by Josef Hölzl http://www.chopin-musik.com